Tax and Legal UPDATE KW 51-2024

Neueinstellungen im Internet

Neue Regeln für den Querverbund
BDO Website, Insight

Am 29.08.2024 veröffentlichte der BFH sein mit Spannung erwartetes Urteil (Az. V R 43/21) zur steuerlichen Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art gem. § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG. Diese Entscheidung hat erhebliche Auswirkungen auf die Praxis des steuerlichen Querverbunds, insbesondere für Kommunen und öffentliche Unternehmen, die ihre steuerlichen Belastungen durch Verrechnung von Gewinnen und Verlusten reduzieren möchten.

Vorliegen der Einnahmeerzielungsabsicht eines BgA
BDO Website, Insight

Auch bei sog. Kurbetrieben kann die für einen Betrieb gewerblicher Art (BgA) erforderliche Einnahmeerzielungsabsicht nach § 4 Abs. 1 S. 1 KStG nach einem BFH-Urteil vom 18.04.2024 fehlen, wenn die Einrichtungen der Öffentlichkeit zugänglich sind, ohne dass der Zugang mit dem Zweck der Erhebung eines Nutzungsentgelts kontrolliert wird.

 

Gesetzgebung

Steuerfortentwicklungsgesetz
Bundestag, Verabschiedung vom 19.12.2024 und Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vom 18.12.2024
Bundesrat, Verabschiedung vom 20.12.2024

Es erfolgt eine Anpassung des Einkommensteuertarifs für die Veranlagungszeiträume 2025 und 2026.

Der im Einkommensteuertarif integrierte Grundfreibetrag wird für 2025 auf EUR 12.096 und ab 2026 auf EUR 12.348 angehoben.

Der steuerliche Kinderfreibetrag wird für 2025 auf EUR 9.600 (inkl. BEA-Freibetrag) und ab 2026 auf EUR 9.756 (inkl. BEA-Freibetrag) angehoben.

Das Kindergeld wird zum 01.01.2025 um EUR 5 auf EUR 255 pro Kind und Monat sowie zum 01.01.2026 um weitere EUR 4 auf EUR 259 pro Kind und Monat angehoben.

Zudem werden die Freigrenzen beim Solidaritätszuschlag für die Veranlagungszeiträume 2025 und ab 2026 angehoben.

Die weiteren im ursprünglichen Entwurf enthaltenen Maßnahmen wie insbesondere die Überführung der Steuerklassen III und V in das Faktorverfahren, die Anpassungen bei den Regelungen zur Gemeinnützigkeit, die Mitteilungspflicht über innerstaatliche Steuergestaltungen, die Reform der Sammelabschreibungen und die Fortführung der degressiven Abschreibung für im Zeitraum 2025 bis 2028 angeschaffte oder hergestellte bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wurden im Zuge des parlamentarischen Verfahrens (nach dem Koalitionsbruch) gestrichen.

Änderungen im Bereich Arbeit und Soziales ab 2025
BMAS, Pressemitteilung vom 19.12.2024

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales informiert über Neuregelungen, die zum Jahresbeginn und im Laufe des Jahres 2025 in dessen Zuständigkeitsbereich wirksam werden.

Finanzmarktdigitalisierungsgesetz
Bundestag, Mitteilung vom 18.12.2024

Mit dem Gesetz wird europäisches Recht zur Regulierung des digitalen Finanzmarkts umgesetzt. Zudem soll u.a. ein neues Gesetz zur Aufsicht über Märkte für Kryptowerte geschaffen werden. 

Maximale Bezugsdauer beim Kurzarbeitergeld verdoppelt
Bundesregierung, Pressemitteilung vom 18.12.2024

Das Bundeskabinett hat eine Verordnung beschlossen, die die Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld auf bis zu 24 Monate verlängert.

Elektronische Bescheinigung über die Mehrwertsteuerbefreiung
Rat der Europäischen Union, Pressemitteilung vom 10.12.2024

Der Rat der Europäischen Union hat eine politische Einigung über eine neue Richtlinie erzielt, die den Weg für die Einführung einer elektronischen Bescheinigung über die Mehrwertsteuerbefreiung ebnet.

 

Rechtsprechung - gewerblicher Bereich

Gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Werbeaufwendungen
BFH, Urteil vom 16.09.2024, III R 36/22; Pressemitteilung vom 19.12.2024

1. Die Kosten für die Anmietung von Werbeträgern können auch bei einem Dienstleistungsunternehmen zu einer Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. d und e des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) führen, wenn die Werbeträger bei unterstelltem Eigentum des Dienstleistungsunternehmens zu dessen Anlagevermögen gehören würden.

2. Für die Zugehörigkeit zum Anlagevermögen kommt es darauf an, ob der Geschäftszweck und die speziellen betrieblichen Verhältnisse (zum Beispiel Häufigkeit und Dauer der Nutzung von bestimmten oder gleichartigen ‑‑austauschbaren‑‑ Werbeträgern) des Dienstleistungsunternehmens Werbemaßnahmen erforderlich erscheinen lassen, für die das Unternehmen Werbeträger ständig in seinem Betrieb vorhalten muss.

3. Eine Hinzurechnung von Aufwendungen im Zusammenhang mit der Durchführung von Werbemaßnahmen nach § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG setzt voraus, dass die den Werbeaufwendungen zugrunde liegenden Verträge ihrem wesentlichen rechtlichen Gehalt nach als Miet- oder Pachtverträge einzuordnen sind oder zumindest trennbare miet- oder pachtrechtliche Hauptleistungspflichten enthalten (vgl. Senatsurteil vom 23.03.2023 - III R 5/22, BFHE 279, 553, BStBl II 2023, 923).

Erschütterung des Anscheinsbeweises für eine private Fahrzeugnutzung
BFH, Urteil vom 22.10.2024, VIII R 12/21

1. Verkennt das Finanzgericht bei der Anwendung des Anscheinsbeweises für die Privatnutzung eines betrieblichen Fahrzeugs und der dagegen vorgebrachten Umstände den gesetzlichen Maßstab für seine Überzeugungsbildung oder das erforderliche Maß von Überzeugung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 der Finanzgerichtsordnung) in grundlegender Weise, liegt darin ein revisionsrechtlich beachtlicher Rechtsfehler (Bestätigung der Senatsurteile vom 15.01.2013 - VIII R 22/10, BFHE 204, 195, BStBl II 2013, 526, Rz 16 und vom 09.05.2017 - VIII R 51/14, BFH/NV 2018, 5, Rz 23).

2. Bei der Prüfung, ob der für eine private Nutzung betrieblicher Fahrzeuge streitende Anscheinsbeweis erschüttert ist, müssen sämtliche Umstände berücksichtigt werden. Ein Fahrtenbuch darf nicht von vornherein mit der Begründung außer Betracht gelassen werden, es handele sich um ein nicht ordnungsgemäßes Fahrtenbuch.

Lieferung von städtischen Wasserversorgungsanlagen als nicht umsatzsteuerbare Geschäftsveräußerung
BFH, Urteil vom 25.09.2024, XI R 19/22

1. Wasserversorgungsanlagen, die als Bauten auf fremdem Grund und Boden errichtet wurden, können an den Eigentümer oder einen Dritten geliefert werden.

2. Erwirbt eine Stadt im Rahmen des Wechsels des Wasserversorgers die Wasserversorgungsanlagen vom alten Versorger zurück und liefert sie die Wasserversorgungsanlagen unmittelbar an den neuen Versorger mit der Verpflichtung weiter, sie bei Beendigung des neuen Vertrags von ihm erneut zurückzuerwerben, handelt sie nachhaltig.

3. Soweit die Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen erfolgen muss, reicht es in Fällen des zulässigen Durchgangserwerbs aus, dass diese Voraussetzungen beim Letzterwerber (Begünstigten) vorliegen (Anschluss an das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 25.11.2015 - V R 66/14, BFHE 251, 526, BStBl II 2020, 793).

Verschmelzung mit steuerlicher Rückwirkung; kein Ausgleich von Gewinnen des Rückwirkungszeitraums mit einem Verlustrücktrag
BFH, Urteil vom 13.03.2024, X R 32/21

§ 2 Abs. 4 Satz 3 des Umwandlungssteuergesetzes steht auch dem Ausgleich von positiven Einkünften, die der übertragende Rechtsträger im Rückwirkungszeitraum erzielt hat, mit einem Verlustrücktrag des übernehmenden Rechtsträgers aus dem Folgejahr entgegen.

Betriebsaufspaltung und Bilanzierungskonkurrenz
BFH, Urteil vom 19.09.2024, IV R 5/20 (NV)

1. Eine ‑‑für die Annahme einer Betriebsaufspaltung erforderliche‑‑ personelle Verflechtung liegt vor, wenn eine Person oder Personengruppe sowohl das Besitz- als auch das Betriebsunternehmen in der Weise beherrscht, dass sie in der Lage ist, in beiden Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen. Für die Annahme des einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens genügt es, dass an beiden Unternehmen mehrere Personen in unterschiedlicher Höhe beteiligt sind, die zusammen in beiden Unternehmen über die Mehrheit der Stimmen verfügen (sogenannte Personengruppentheorie). Die sogenannte Personengruppentheorie findet auch in den Fällen Anwendung, in denen bereits eine Person allein eines der Unternehmen oder beide Unternehmen beherrscht.

2. Für die Zuordnungsentscheidung bei Bilanzierungskonkurrenzen zwischen Sonderbetriebsvermögen sind zwar zeitliche und qualitative Kriterien heranzuziehen. An erster Stelle steht dabei allerdings die zeitliche Abfolge. Nur dann, wenn die Voraussetzungen für die Behandlung als Sonderbetriebsvermögen gleichzeitig entstanden sind, folgt die Zuordnung qualitativen Kriterien.

Nachlaufender Betriebsausgabenabzug für steuerfreie Photovoltaikanlagen in 2022
FG Münster, Urteil vom 06.11.2024, 7 K 105/24 E, Revision BFH X R 30/24

Nunmehr hat auch der 7. Senat des FG Münster entschieden, dass nachlaufende Betriebsausgaben, die im Zusammenhang mit steuerpflichtigen Einnahmen aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage in früheren Jahren stehen, aber erst 2022 abfließen, abzugsfähig sind. Zu diesem Ergebnis war bereits der 1. Senat des FG Münster in einem im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung ergangenen Beschluss vom 21.10.2024, Az. 1 V 1757/24 E, gekommen.

Innerorganschaftliche Zinsaufwendungen für den Erwerb einer Beteiligung einer Kapitalgesellschaft unterliegen dem Teilabzugsverbot
FG Münster, Urteil vom 20.11.2024, 9 K 1908/21 F, Revision zugelassen

Das teilweise Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG i.V.m. § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG gilt für Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Beteiligungserwerb an einer Kapitalgesellschaft auch dann, wenn es sich um Zinszahlungen von der Organgesellschaft an den Organträger handelt.

Rückforderung von Corona-Hilfen
VG Freiburg, Pressemitteilung vom 18.12.2024

Das Verwaltungsgericht Freiburg hat in mehreren Verfahren mit Urteilen vom 10.07.2024 über die Klagen gegen die Rückforderung von Corona-Hilfen durch Bescheide der Landeskreditbank Baden-Württemberg (L-Bank) in Höhe von jeweils zwischen ca. EUR 6.000 und EUR 30.000 entschieden.

Arbeitszeitgestaltung bei Hausangestellten
EuGH, Pressemitteilung vom 19.12.2024 zum Urteil vom 19.12.2024, C 531/23

Arbeitgeber von Hausangestellten müssen ein System einrichten, mit dem die tägliche Arbeitszeit von Hausangestellten gemessen werden kann.

 

Rechtsprechung - privater Bereich

Verfassungsmäßigkeit des neuen grundsteuerlichen Bewertungsrechts im sog. Bundesmodell
FG Berlin-Brandenburg, Pressemitteilung vom 18.12.2024 zu Urteilen vom 04.12.2024, 3 K 3170/22 und 3 K 3142/23

Das neue grundsteuerliche Bewertungsrecht im sog. Bundesmodell, welches in Berlin und Brandenburg und der Mehrheit der anderen Bundesländer zur Anwendung kommt, ist nach Auffassung des FG Berlin-Brandenburg verfassungsgemäß. Das Gericht hat in beiden Fällen die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen.

 

Rechtsprechung - Verfahrensrecht

Kein Akteneinsichtsrecht nach der DSGVO
BFH, Urteil vom 20.09.2024, IX R 24/23

1. § 2a Abs. 5 Nr. 2 der Abgabenordnung ordnet die entsprechende Geltung der Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung für Informationen, die sich auf identifizierte oder identifizierbare Körperschaften beziehen, an.

2. Die Datenschutz-Grundverordnung enthält keinen Anspruch auf Akteneinsicht.

3. Der zuständige Spruchkörper ist grundsätzlich berechtigt und verpflichtet, einen geltend gemachten Anspruch unter allen zumindest denkbaren rechtlichen Aspekten zu prüfen.

4. Weder aus der Abgabenordnung noch aus dem Recht auf effektiven Rechtsschutz im Sinne von Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) sowie dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG ergibt sich ein gebundener Anspruch auf Akteneinsicht.

Erfordernis eines außergerichtlich gestellten Antrags auf Auskunftserteilung nach Art. 15 DSGVO
BFH, Urteil vom 12.11.2024, IX R 20/22

1. Eine auf Auskunftserteilung gemäß Art. 15 Abs. 1 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gerichtete Klage ist mangels Beschwer grundsätzlich unzulässig, wenn es an einem dem Klageverfahren vorausgehenden außergerichtlich gestellten Antrag auf Auskunftserteilung fehlt.

2. Das Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO ist inhaltlich nicht mit einem Akteneinsichtsrecht identisch.

 

Finanzverwaltung

Steuerliche Behandlung der von Luftfahrtunternehmen gewährten unentgeltlichen oder verbilligten Flüge
Oberste Finanzbehörden der Länder, Gleich lautende Erlasse vom 16.12.2024

Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM); Lohnsteuerabzug im Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale
BMF, Schreiben vom 13.12.2024

Programmablaufpläne für den Lohnsteuerabzug für/ab 2025
BMF, Schreiben vom 22.11.2024

Aussetzung der Vollziehung von auf § 8c Absatz 1 Satz 1 KStG gestützten Bescheiden
BMF, Schreiben vom 20.11.2024

 

New Publications on the Internet

Relief procedure according to Section 50c German Income Tax Act
BDO Website, Insight

For the first time, the German Federal Fiscal Court commented in its decision published on August 22, 2024 on reasonable processing time and interest claims in the case of a refund of German capital gains tax.