Freiberufliche Einkünfte einer Mitunternehmerschaft bei kaufmännischer Führung durch Berufsträgerinnen und Berufsträger

Freiberufliche Einkünfte erzielt, wer eine in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG genannte Tätigkeit oder Berufstätigkeit selbständig ausübt. Diese (Berufs-)Tätigkeiten können Angehörige freier Berufe allein oder kooperativ in Personenmehrheit erbringen. Eine so gebildete Mitunternehmerschaft erzielt jedoch nur dann Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit, wenn alle ihre Gesellschafter oder Gesellschafterinnen die Voraussetzungen einer freiberuflichen Tätigkeit erfüllen. Dazu muss jede Gesellschafterin bzw. jeder Gesellschafter zum einen über die entsprechende persönliche Berufsqualifikation verfügen und zum andern diese freiberufliche Tätigkeit auch tatsächlich entfalten. Anderenfalls erzielen alle Gesellschafterinnen und Gesellschafter Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Eine Aufteilung der Einkünfte in freiberufliche und - für den Berufsfremden - in solche aus Gewerbebetrieb scheidet aus.

Der BFH hatte in seinem Urteil vom 04.02.2025 (Az. VIII R 4/22) über die Art der Einkünfte auf Ebene einer Mitunternehmerschaft, die in Form einer Partnerschaftsgesellschaft eine Zahnarztpraxis betrieb, zu entscheiden. Die Besonderheit bestand darin, dass einem der als Zahnärzte zugelassenen Mitunternehmer allein die kaufmännische Führung und die Organisation des Praxisbetriebs oblag. Er war weder selbst unmittelbar an Patientinnen oder Patienten behandelnd tätig noch in die praktische zahnärztliche Arbeit der anderen Berufsträger der Praxis eingebunden. Lediglich fünf Patientinnen bzw. Patienten beriet er im Streitjahr konsiliarisch und generierte hieraus einen sehr geringfügigen Anteil am Gesamtumsatz der Praxis. Finanzamt und Finanzgericht stuften die Einkünfte der Mitunternehmerschaft als gewerblich ein: zwar verfügte der Mitgesellschafter als approbierter Zahnarzt über die nötige persönliche Berufsqualifikation, erfüllte nach deren Ansicht aber aufgrund seiner nahezu ausschließlichen Wahrnehmung kaufmännischer Leitungs- oder sonstiger Managementaufgaben innerhalb des Praxisbetriebs nicht mehr das weitere Hauptmerkmal der tatsächlichen Ausübung der freiberuflichen Tätigkeit. Dem widersprach der BFH.

Das erforderliche aktive Entfalten der persönlichen Berufsqualifikation am Markt konnte der entsprechende Mitunternehmer in seiner Person auch anders verwirklichen als durch leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit in allen Unternehmensbereichen und seine Mitarbeit an jedem Auftrag bzw. dem unmittelbaren Dienst an der Patientin oder am Patienten. Trotz der insoweit grundsätzlich patientenbezogenen Betrachtung war seine Betätigung in Form der Mit- und Zusammenarbeit ausreichend. Denn der BFH stufte die ausgeübten kaufmännischen und organisatorischen Tätigkeiten des Mitunternehmers als ebenfalls zum Berufsbild des Zahnarztes gehörende Leistungen ein. Zudem bildeten sie die Grundlage für die Ausübung der am Markt erbrachten berufstypischen zahnärztlichen Leistungen und waren damit auch Ausdruck der freiberuflichen Mit- und Zusammenarbeit sowie der persönlichen Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit. Danach erzielte die Partnerschaftsgesellschaft aus ihrem Betrieb der Zahnarztpraxis insgesamt ausschließlich freiberufliche Einkünfte.
 

Hinweis:

Zwar ergibt sich im Bereich der Einkünftequalifikation bei freiberuflichen Tätigkeiten von (Zahn-) Arztpraxen die Problematik einer gewerblichen Infektion häufig durch das Nebeneinander von (zahn-) ärztlichen Behandlungs- und nach außen gerichteten Tätigkeiten, wie etwa den Verkauf von Hygieneartikeln etc. Dass aber auch die innerbetriebliche Organisation an sich freiberuflich tätiger Gesellschaften insoweit zum Streitpunkt mit der Finanzverwaltung im Bereich der Einkünftequalifikation werden kann, zeigt schon das Urteil des BFH vom 04.08.2020 (Az. VIII R 24/17). Aber auch dort hatte der BFH die freiberufliche Einkünfteerzielung im Fall einer mehrstöckigen freiberuflichen Mitunternehmerschaft anerkannt, wenn die Obergesellschafter auf Ebene einer Untergesellschaft in „zumindest geringfügigem Umfang“ leitend und eigenverantwortlich tätig werden.